#moinVIELFALT

Lernende stärken durch Weise Interventionen

Strategien für einen diversitätsbewussten Unterricht

Das Verhalten und die Leistungen von Schüler:innen im Unterricht werden stark davon beeinflusst, ob ihnen andere und auch sie selbst sich etwas zutrauen. Bestimmte Schüler:innengruppen, wie Einge-wanderte und ihre (direkten) Nachkommen, haben dabei häufig Angst, negative Stereotype zu bedienen, werden oft als weniger leistungsfähig adressiert und zeigen in der Folge schlechtere Leistungen. Wie können Lehrkräfte dem entgegenwirken und den Schüler:innen positive Überzeugungen von der eigenen Leistungsfähigkeit vermitteln? Wie können sie ein Klassenklima unterstützen, in dem Lernende Selbstwirksamkeit und Wertschätzung erfahren? Welche konkreten Strategien eignen sich dazu?


Ritva Grießig ist Expertin für diversitätsbewusstes Lehrer:innenhandeln an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Im Rahmen des digitalen Austauschformats #moinVIELFALT – ein Angebot für Lehrkräfte und Schulleitungen in Hamburg – stellte sie den Teilnehmenden Weise Interventionen vor, mittels derer sich die Überzeugungen von Schüler:innen, aber auch die (Erwartungs-)Haltungen der Lehrkräfte, positiv beeinflussen lassen. Zu den Weisen Interventionen gehören einerseits die wachstumsorientierte Grundhaltung/ Growth Mindset, die Werteaffirmation und das Weise Feedback.  

„Du findest hier Unterstützung und ich traue dir das zu." 

Weise Interventionen sind punktuelle, auf den ersten Blick “unspektakuläre” Strategien, die an den Erwartungs-haltungen und dem “Bedrohungserleben” der Schüler:innen ansetzen. Dabei werden ihre Überzeugungen “unsichtbar” verändert. Wenn sie erleben, dass sie dazulernen können, das Gefühl haben, Herausforderungen meistern zu können und “gut genug” sind, kann dies in einer “positiven Aufwärtsspirale” nachhaltig positive Auswirkungen auf die Lernentwicklung haben. 

Eine Weise Intervention ist zum Beispiel die wachstumsorientierte Grundhaltung, welche die implizierten (Leistungs-) Überzeugungen von Schüler:innen, aber auch die Erwartungshaltungen der Lehrkräfte in den Blick nimmt. Ausgehend von den Lehrkräften geht es darum, Schüler:innen vor Herausforderungen zu stellen, ihnen Vertrauen entgegenzubringen und ihnen gleichzeitig auch Unterstützung in Aussicht zu stellen. Schüler:innen, denen deutlich gemacht wird, dass sie bestimmte Aufgaben schaffen können und dass Lehrkräfte an sie glauben, zeigen bessere Leistungen. Dabei sind Fehler nicht nur erlaubt, sondern sogar wichtig für den weiteren Lernprozess. Von Bedeutung ist dabei, Fehler anzusprechen und diese nicht nur als etwas Negatives zu betrachten, sondern als Möglichkeit und Chance des persönlichen Wachstums zu begreifen. Um Weises Feedback geben zu können, braucht es eine positive Feedback- und Fehlerkultur an der Schule, die es aufzubauen gilt – auch wenn die oftmals starren Curricula den Aufbau erschweren können. Dabei ist es wichtig, auch im Kollegium und im Rahmen der eigenen Profession eine positive Fehlerkultur zu kultivieren: „Es geht darum, im Unterricht eine offene Haltung zu haben. Dass man auch selbst Fehler macht oder dass Schüler:innen Dinge ergänzen. […] Man ist ja kein Lexikon. Das überrascht Schüler:innen auch manchmal, weil sie meistens erwarten, dass die Lehrperson alles weiß", so eine Teilnehmerin.  

Für die Umsetzung und Implementierung jener Interventionen gilt es zusammenfassend folgende Aspekte zu berücksichtigen:   

  • Aufbau einer positiven Fehlerkultur in der Organisation Schule  
  • Weises Feedback geben bedeutet: vertrauen, herausfordern und unterstützen. Es basiert auf einer wachstumsorientierten Grundhaltung. 
  • Scheitern ist erlaubt und Fehler dürfen gemacht werden. Wichtig ist es, Schüler:innen Feedback zu ihren Anstrengungen und ihrem durchlaufenden Prozess zu geben, Fehler offen anzusprechen und sie als Chance des Lernens und Wachstums zu betrachten.  
  • Für eine wachstumsorientierte Grundhaltung bedarf es zeitliche Ressourcen und die Offenheit für Reflexionsprozesse 

Der Vortrag von Ritva Grießig wurde aufgezeichnet und steht Ihnen nachfolgend zur Verfügung:

Über die Referentin:  

Ritva Grießig ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promotionsstudierende in der Abteilung Pädagogische Psychologie mit dem Schwerpunkt Sozialisation und Kultur an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Zuvor war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Forschungsbereich des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration, Berlin. Dort hat sie sich unter anderem dem Forschungsprojekt „Förderung der Leistungsmotivation in heterogenen Schulklassen – ein Toolkit für die Lehrer*innenbildung“ gewidmet und gemeinsam mit Mohini Lokhande das Handbuch „Weise Interventionen im diversitätsbewussten Unterricht. Ein Handbuch für die Lehrer*innenbildung“ veröffentlicht.  

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