Die Themenwoche bot allen Personen im Schul- und Bildungssystem und einer interessierten Fachöffentlichkeit Impulse zur Stärkung ihrer pädagogischen und professionellen Handlungssicherheit an, die sie im Kontext einer diversitätsorientierten und diskriminierungskritischen Schulentwicklung einsetzen können.
Durch die Themenwoche begleiteten Miriam Siré Camara und Anna-Margarete Davis.
Miriam Siré Camara ist Gründerin und Geschäftsführerin von akoma coaching & consulting. Sie hat langjährige Erfahrung als Organisationsentwicklerin und einen fachlichen Hintergrund in Kommunikations- und Betriebspsychologie. Seit über 15 Jahren begleitet sie klassische und diversitätsorientierte Organisationsentwicklungsprozesse in Kulturinstitutionen, Verwaltungen, Non-Profit- und Profit-Organisationen. Schwerpunkte liegen hierbei u. a. im Bereich Personalgewinnung und im Führungskräfte-Coaching. Darüber hinaus ist sie Referentin und (Fach-)Moderatorin in den Themenfeldern Diversität/Diskriminierung, Macht, Kunst & Kultur.
Anna-Margarete Davis ist Abteilungsleiterin der Programmabteilung der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Dort verantwortet sie als Mitglied der Geschäftsleitung die Projekte im Bereich der Schulentwicklung, u.a. „LiGa – Lernen im Ganztag“ und „Vielfalt entfalten – Gemeinsam für starke Schulen“.
Der Auftakt der Themenwoche am Diversity-Tag wurde feierlich mit einem Spoken Word Beitrag von Amira Zarari und Hosnijah Mehr eröffnet. Den Text des Beitrags finden Sie hier.
Referentinnen
Amira Zarari studiert Islamwissenschaften an der Universität Hamburg. Sie ist seit sieben Jahren Spoken Word Artist, unter anderem beim 2011 in Berlin gegründeten Künstler:innen-Kollektiv i,Slam. Sie slammt zudem freiberuflich, tritt auf unterschiedliche Bühnen auf und führt Workshops durch. Sowohl in ihren Texten als auch in ihrer Arbeit mit Jugendlichen beschäftigt sie sich mit den Themen Antischwarzer und Antimuslimischer Rassismus.
Hosnijah Mehr studiert Jura in Mainz. Sie tritt seit über sechs Jahren bundesweit mit ihren Slam-Texten auf und möchte damit einen Beitrag zu mehr Verständnis und Frieden leisten. In der Kunst sieht sie ein Medium, um über Grenzen, Sprachen und Kulturen hinweg ins Gespräch zu kommen und einander kennenzulernen. Hosnijah Mehr ist Teil des Künstler:innen-Kollektivs i,Slam.
Im Anschluss begrüßten wir für ein dialogisches Eröffnungsgespräch Christiane von Websky, Leiterin Bereich Teilhabe und Zusammenhalt der Stiftung Mercator, und Anne Rolvering, Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Wir sprachen mit ihnen über die Notwendigkeit eines chancengerechteren Bildungssystems und besondere Handlungsbedarfe im Bezug auf eine diskriminierungskritische Schulenwicklung. Beide stimmten darin überein, dass diversitätsorientierte Organisationsentwicklungsprozesse auch im Stiftungsbereich von Nöten sind. Diese müssten an der ein oder anderen Stelle auch weh tun, so Anne Rolvering, da es darum ginge, Machtungleichheiten zu reflektieren und abzubauen.
Der Publizist und Migrationsforscher Dr. Mark Terkessidis über „diversitätsorientierte und diskriminierungskritische Schulentwicklung im Kontext widerstreitender Interessen in der postmigrantischen Gesellschaft“
In seiner Keynote zeichnet Dr. Mark Terkessidis den Spannungsbogen zwischen einer systemischen Unterforderung von Lehrkräften auf Schulebene und einer systematischen Überforderung auf individueller Ebene in Bezug auf Vielheit. Lehrkräfte würden oft den Druck verspüren, allein dafür verantwortlich zu sein, der Individualität aller Lernenden gerecht zu werden und ihren Unterricht chancengerecht zu gestalten. Um Schule diversitätsorientiert und diskriminierungskritisch zu entwickeln, müsste die Überforderung der Lehrkräfte reduziert werden, indem sie durch das System unterstützt werden. Er plädiert beispielsweise dafür, einen Vielheitsplan auf schulischer Ebene zu entwerfen, der die Bereiche aufzeigt, wo sich auf Vielheit eingestellt werden muss, wie z.B. im Unterricht. Weiterhin sollte es Lehrkräften unter anderem ermöglicht werden, mehr kollaborative Unterrichtsentwicklung zu praktizieren sowie an Hospitationen und Supervisionen teilzunehmen.
Nachfolgend finden Sie zu jedem Workshop jeweils die wichtigsten Erkenntnisse sowie die von den Referent:innen zur Verfügung gestellten Präsentationen, Handouts und sonstigen Materialien.
Hier können Sie die Präsentation des Workshops einsehen.
Referent:innen
Robert Kruschel, Nico Leonhardt und Prof. Dr. Saskia Schuppener sind Teil des Projektteams „InSide: Inklusion im Sozialraum – Partizipative, demokratische und kinderrechtsbasierte Schulentwicklung durch schüler*innenaktive Forschung“ und arbeiten am Institut für Förderpädagogik der Universität Leipzig.
Hier finden Sie die Präsentation des Workshops.
Dr.in Janina Vernal Schmidt ist Institutsgeschäftsführerin am Institut für deutsche Sprache und Literatur der Universität Hildesheim.
Dhana Indlekofer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Hildesheim.
Das Handout von Dr. Udo Baer finden Sie hier.
Referent
Dr. Udo Baer ist promovierter Gesundheitswissenschaftler und Diplom-Pädagoge und ist u.a. Mitbegründer und wissenschaftlicher Berater der "Zukunftswerkstatt therapie kreativ" und Mitinhaber des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB). Seine Kompetenzfelder im Bereich Kinder und Jugendliche sind u.a. Bindungsstörungen und Traumapädagogik.
Hier können Sie sich die Präsentation der Referentinnen ansehen.
Die Studie "Diskriminierungsrisiken erkennen und begegnen - auch in der Pandemiesituation" ist hier zugänglich.
Prof. Dr. Susanne Dern ist Professorin für Soziale Sicherung, Inklusion und Verwaltung mit den Arbeitsschwerpunkten Existenzsicherungs- und Antidiskriminierungsrecht an der Hochschule Fulda, University of Applied Sciences, Fachbereich Sozialwesen.
Prof. Dr. Maria Wersig ist Professorin für rechtliche Grundlagen der Sozialen Arbeit mit den Arbeitsschwerpunkten Existenzsicherungs- und Antidiskriminierungsrecht an der Hochschule Hannover, Fakultät Diakonie, Gesundheit und Soziales.
Über diesen Link finden Sie Buchempfehlungen des Referenten zu den Themen Rassismus und Kritisches Weißsein.
Kamady Fofana ist Lehrer und Oberstudienrat an einer berufsbildenden Schule sowie in einer Jugendstrafanstalt. Er engagiert sich u.a. in der Lehrer:innen-Aus- und -Weiterbildung an Universitäten und Schulen im Kampf gegen Rassismus und ist darüber hinaus in verschiedenen Organisationen wie dem ADAN e.V., Phoenix e.V. und im Netzwerk gegen Rassismus tätig.
Die Präsentation des Workshops finden Sie hier.
Diana Rychlik ist Prozessmoderatorin und Trainerin für demokratische Schulentwicklung, Partizipation und Diversity. Sie leitet Trainingsprogramme für Lehrkräfte, Pädagog:innen und Schulleitungsmitglieder bei der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. und macht seit über zehn Jahren Anti-Bias- und Empowermentarbeit an Schulen und in Jugendprojekten.
Benjamin Mosebach ist Prozessbegleiter, Trainer und Referent für Moderation, Organisationsentwicklung und Partizipation. Er ist Social-Justice and Diversity Trainer sowie Betzavta-Trainer und Mitbegründer von „MobiZ“, der Mobilen Zukunftswerkstatt zur Schulentwicklung.
Prof. Dr. phil. Yasemin Karakaşoğlu und Prof. Dr. Paul Mecheril im Gespräch über das Professionsverständnis von Pädagog:innen und ihre Rolle in der Migrationsgesellschaft.
Anknüpfend an ihr Buch „Pädagogik neu denken!“ legen Yasemin Karakaşoğlu und Paul Mercheril dar, dass die Migrationsgesellschaft als Motor der gesellschaftlichen Transformation wirkt und heben die besondere Rolle der Schule hervor: Pädagog:innen seien gefordert, eine kritische Haltung zu administrativen Vorgaben zu entwickeln und Handlungsspielräume in der Ausgestaltung des Unterrichts zu nutzen, um einer heterogenen Schüler:innenschaft gerecht zu werden. Damit Lehrkräfte ihre Rolle im Schulsystem hinterfragen können, brauche es eine „reflexive Professionalität“. Um diese zu entwickeln, benötige man aber entsprechende Zeiten und Räume zur Reflexion. Hierzu zählen unter anderem Supervisionstermine oder Fortbildungszeiten. Strukturelle Defizite und fehlende Ressourcen könnten aber nicht durch pädagogisches Handeln aufgefangen werden, denn Pädagogik könne politisches Handeln letztendlich nicht ersetzen, betonen beide.
Mecheril, P., Karakaşoğlu, Y. & Goddar, J. (2019): Pädagogik neu denken! Die Migrationsgesellschaft und ihre Lehrer_innen. Weinheim: Beltz.
Prof. Dr. Yasemin Karakaşoğlu ist Professorin für Interkulturelle Bildung am Fachbereich Erziehungs- und Bildungswissenschaften der Universität Bremen.
Prof. Dr. Paul Mecheril hat seit Juni 2019 die Professur für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Migration an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld inne.
Moderation
Das Fachgespräch wurde moderiert von Anna-Margarete Davis und Dr. Bettina Bello. Anna-Margarete Davis ist Abteilungsleiterin der Programmabteilung der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, Dr. Bettina Bello ist Programmleiterin des Projekts „Vielfalt entfalten – gemeinsam für starke Schulen“ in Hamburg.
Die Präsentation finden Sie hier.
Dejan Mihajlović ist Realschullehrer in Freiburg und Referent beim Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg. Zu Bildung in einer Kultur der Digitalität schreibt er als Kolumnist, hält Vorträge und berät Politik und Verwaltung.
Sollten Sie Interesse an der Präsentation haben, schicken Sie uns bitte eine E-Mail an vielfalt-entfalten@dkjs.de.
Dr.in Mohini Lokhande (Dipl.-Psych.) ist stellvertretende Leiterin des Bereichs Forschung beim Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR).
Ritva Grießig (systemische Beraterin ist Psychologin (M.Sc.) promoviert derzeit an der Martin-Luther-Universität in Halle im Arbeitsbereich „Pädagogische Psychologie mit dem Schwerpunkt Sozialisation und Kultur“.
Ein Gespräch mit Jun.Prof.in Dr.in Nina Simon und Prof. Dr. Karim Fereidooni über ihr Buch „Rassismuskritische Fachdidaktiken. Theoretische Reflexionen und fachdidaktische Entwürfe rassismuskritischer Unterrichtsplanung“
Die beiden Autor:innen plädieren dafür, Rassismuskritik als integralen Bestandteil des pädagogischen Professionsverständnisses zu verstehen. Um auf eine inklusive Gesellschaft hinzuwirken, müsse Rassismuskritik als Querschnittsthema in die Unterrichtsplanung aller Fächer einfließen, wofür sie die Bildungsverwaltungen in der Verantwortung sehen. Wenn von Lehrkräften erwartet werde, diversitätsorientiert zu unterrichten, müsse die Lehrkräfte-Ausbildung auch zu dieser Anforderung passen, außerdem bräuchten Lehrkräfte Anschauungsbeispiele. Diese bietet das Buch, auch in Fächern wie z.B. Sport und Physik. Die Beispiele machen deutlich, welches Potenzial für das gesellschaftliche Miteinander in einer rassismuskritischen Auseinandersetzung mit Unterrichtsmaterialien liegen kann: Durch die Analyse und Diskussion problematischer Inhalte eignen Schüler:innen sich Strategien an, um rassistische Wissensbestände und Diskurse zu dekonstruieren. Prof. Fereidooni regt Lehrkräfte dazu an, sich die drei Fragen zu stellen „was hat Rassismus mir beigebracht?“, „was passiert in meiner Schule Rassismusrelevantes?“ und „inwiefern befördert mein Unterrichtsmaterial Rassismus?“.
Fereidooni, K., Simon, N. (Hrsg.) (2020): Rassismuskritische Fachdidaktiken. Theoretische Reflexionen und fachdidaktische Entwürfe rassismuskritischer Unterrichtsplanung. Springer VS.
Prof. Dr. Karim Fereidooni ist Juniorprofessor für Didaktik der sozialwissenschaftlichen Bildung an der Ruhr-Universität Bochum.
Jun.Prof.in Dr.in Nina Simon ist Juniorprofessorin für DaF/DaZ mit dem Schwerpunkt Kulturstudien am Herder-Institut der Universität Leipzig.
Die Buchvorstellung wurde moderiert von Dr. Bettina Bello. Dr. Bettina Bello ist Programmleiterin des Projekts „Vielfalt entfalten – gemeinsam für starke Schulen“ in Hamburg.
Claudia Schanz, Sprecherin bei INKA, und der Schulleiter Markus Schega im Gespräch über die Rolle von Schulleitungen in diversitätsorientierten und diskriminierungskritischen Schulentwicklungsprozessen.
Beide Referent:innen betonen, dass Lehr- und pädagogische Fachkräfte individuell und gemeinsam die Verantwortung tragen, gesellschaftliche Ungleichheit zu reflektieren und pädagogische Konsequenzen daraus zu ziehen. Angeregt diskutieren sie Aspekte wie Fortbildungsmaßnahmen zur Sensibilisierung von Lehr- und Leitungskräften sowie die Relevanz von Schul- und außerschulischen Netzwerken. Es sei in Schulentwicklungsprozessen auch wichtig, Konflikte, die beim Thema diversitätssensible Schulentwicklung in Kollegien aufkommen, nicht zu meiden, sondern konstruktiv auszutragen.
Claudia Schanz ist Sprecherin bei INKA - Interkultureller Arbeitskreis?der Bundesländer im Deutschen Verein zur Förderung der Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung e.V. und Leiterin des Referats Politische Bildung, Gedenkstätten, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Globales Lernen, Mobilität im Niedersächsischen Kultusministerium.
Markus Schega ist Schulleiter der Nürtingen Grundschule in Berlin-Kreuzberg.
Margret Rasfeld, Gründerin der Initiative "Schule im Aufbruch", bietet Einblicke, wie eine neue Lernkultur aussehen kann, die Kinder und Jugendliche darin unterstützt, eine zukunftsfähige Gesellschaft zu gestalten.
Margret Rasfeld stellt als Grundannahme für die Gestaltung neuer Lernformen voran, dass junge Menschen im 21. Jahrhundert Kompetenzen für nachhaltiges Handeln benötigen. Das Entwickeln dieser Kompetenzen kann gelingen, indem Schulkultur sich wandelt: vom Konkurrenzdenken zu einem Gemeinschafts-gefühl, von generalisierten Lehrplänen zu individualisierten, diversitätssensiblen Lernplänen. Inspirierend berichtet sie in ihrem Impulsvortrag von konkreten Beispielen täglich gelebter neuer Lernformen (z.B. „Verantwortung“, „Herausforderung“), durch die Kinder und Jugendliche Selbstwirksamkeits-erfahrungen sammeln und das Vertrauen entwickeln, die Gesellschaft mitgestalten zu können.
Die Präsentation von Margret Rasfeld finden Sie hier.
Referentin
Margret Rasfeld ist Botschafterin für eine Lernkultur der Potenzialentfaltung und Gründerin der Initiative "Schule im Aufbruch".