#moinVIELFALT

Wer bestimmt, was schön ist?

Sensibilisierung für Lookismus in der Schule

Lookismus beschreibt die Diskriminierung aufgrund des Aussehens. Menschen, die gesellschaftlichen Körper- und Schönheitsnormen nicht entsprechen, erfahren strukturelle Diskriminierung, Ausschlüsse oder Gewalt und sind weniger oder nicht öffentlich sichtbar. Gerade im Identitätsbildungsprozess Heranwach-sender kann Lookismus schwerwiegende Folgen haben. Wie äußert sich Lookismus in der Schule? Wie können wir intervenieren und Schüler:innen in ihrem Selbstvertrauen und ihrer körperlichen Selbst-bestimmung stärken? Wie gelingt es, vielfältige Körper- und Erscheinungsformen zu normalisieren? 


Im Rahmen der dritten Veranstaltung des Formats #moinVIELFALT bot Nikola Poitzmann, Trainerin, Lehrerin und Landeskoordinatorin im Projekt „Gewaltprävention und Demokratielernen“ des Hess-ischen Kulturministeriums, einen Einblick in die Dimensionen der Diskriminierungsform des Lookismus sowie deren Auswirkungen und entsprechende Interventionsmöglichkeiten in der Schule. Dabei kamen sowohl strukturelle Dimensionen, (mediale) Ursachen, Überschneidungen mit weiteren Diskriminierungsformen als auch konkrete pädagogische Handlungsansätze zur Sprache. 

„Raus aus dem Othering, aus dem ‚Ihr und Wir‘ hin zu einer ganz anderen Sicht auch auf verletzliche Körper, weil die eben auch oft viel Diskriminierung erfahren.“ 

Lookismus erfolgt anhand von Merkmalen wie Aussehen, Körper oder Kleidung, die auf der Grundlage gesellschaft-licher Normen und Schönheitsideale positiv oder negativ bewertet werden. Dabei ist v.a. die Körperlichkeit eine zentrale, doch oft vernachlässigte Dimension. Körper werden dabei anhand oftmals „geschlechtsspezifischer“ Attraktivitätskriterien in „gut“ und „schlecht“ unterteilt. Ein konkretes Beispiel für daraus resultierende strukturelle Benachteiligungen stellen wissenschaftliche Befunde dar, die bessere Chancen schlanker Frauen sowie großer Männer auf dem Arbeitsmarkt nahelegen. Menschen mit unterschiedlichen Körper- und Erscheinungsformen werden dabei unterschiedliche Kompetenzen sowie Leistungsfähigkeiten zugesprochen. Zudem bestehen Zusammenhänge mit weiteren Diskriminierungsformen wie Ableismus, Ageismus, Rassismus oder Sexismus.  

Gerade Heranwachsende werden stetig mit Idealbildern konfrontiert. Hier betont die Referentin den Einfluss von Social Media und Phänomene wie das idealtypische „Instagram-Gesicht“, die sich insbesondere in der Pubertät gravierend auf das Selbst- und Körperwertgefühl auswirken können. Möglichkeiten der Thematisierung jener Ideale bestehen z.B. darin, Schüler:innen Abbildungen unterschiedlicher Körperformen und Kleidungsstile an die Hand zu geben, anhand derer sie ihre Wahrnehmung und „Normalitätsvorstellungen“ reflektieren können. Ebenfalls können Social-Media-Feeds oder Lehrmaterialien anhand Fragen wie: „Welche Menschen und Erscheinungsformen kommen in den Medien vor? Welche nicht?“ und: „Wie werden diese in den Darstellungen bewertet?“ untersucht werden. Um zu verstehen, dass Schönheitsideale und Normvorstellungen soziale Konstrukte sind, bietet es sich außerdem an, dass Schüler:innen den Wandel jener Ideale im Laufe der Zeit recherchieren. Dabei ist Sensibilität und Fingerspitzengefühl für die Verletzlichkeit der Schüler:innen gefragt. Die Referentin bemerkt: „Es ist okay, dabei auch als Lehrkraft selbst verunsichert zu sein – zum Beispiel bei sensiblen Themen wie Geschlechtsspezifika oder dem Schaffen von diskriminierungssensiblen Safe Spaces. Es kann lohnend sein, diese Unsicherheit in ein Austauschthema zu überführen!“ 

Weiterhin lieferte Nikola Poitzmann folgende Hinweise zu den Handlungsoptionen gegen lookistische Diskriminierung:   

  • Entwicklung eines Bewusstseins über die eigenen lookistischen Vorurteile und Zuschreibungen sowie die eigene Rolle als Vorbild, in der wir uns selbst und andere nicht aufgrund ihres Aussehens abwerten 
  • Wir sollten Menschen darauf hinweisen, wenn sie andere abwerten 
  • Vermeidung von Kommentaren, also auch Komplimenten, zum äußeren Erscheinungsbild generell und stattdessen Wertschätzung von Charaktereigenschaften und „Leistungen“ 
  • Verwendung von Arbeitsmaterialien, die (äußerliche) Vielfalt widerspiegeln 

Der Vortrag von Nikola Poitzmann wurde aufgezeichnet und steht Ihnen nachfolgend zur Verfügung:

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Über die Referentin: 

Nikola Poitzmann ist Landeskoordinatorin Süd im Projekt „Gewaltprävention und Demokratielernen“ des Hessischen Kultusministeriums mit den Themenschwerpunkten Diversität, Demokratiepädagogik und Sexualisierte Gewalt. Sie ist außerdem Systemische Beraterin (systemwerkstatt Darmstadt), Social Justice Diversity-Trainerin (Eine Welt der Vielfalt/FH Potsdam), Interkulturelle Trainerin (OKUD Göttingen), Lions-Quest-Trainerin, Fachkraft zur Prävention und Intervention bei sexueller Gewalt (inmendio) sowie Sexualpädagogin (isp). Poitzmann ist zudem als freie Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg und Trainerin für Online-Fortbildungen und -unterricht tätig. Sie war außerdem lange selbst Lehrerin an einer Berufsschule in Darmstadt tätig. Weiterhin ist sie Expertin auf dem Themenfeld Lookismus in der Schule. So hat sie gemeinsam mit Ira Schumann ein Unterrichtskonzept inkl. Hintergrundinformationen und Bildungsmaterialien zum Thema „Schönheitsideale und Körperkult“ für die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung entworfen: Lernen und Gesundheit: Schönheitsideale und Körperkult (dguv-lug.de). Gemeinsam mit Birte Friedrichs hat sie außerdem die Methodenkiste Gemeinsam sind wir vielfältig - Rassismuskritische, diskriminierungssensible und diversitätsbewusste Pädagogik. Ab Klasse 5. Mit Download-Materialien - Nikola Poitzmann, Birte Friedrichs | BELTZ entworfen. 

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