von Christiane Lenhard, Prozessbegleiterin im Projekt „Vielfalt entfalten - Gemeinsam für starke Schulen"
Der Begriff ‚SpeakUp‘ kommt aus der Unternehmensberatung und steht hier für eine bewusst anzustrebende Kultur des kritischen Feedbacks. Er bezeichnet dort eine Umgebung, in der Mitarbeitende auch sensible Themen offen und ohne Angst vor negativen Konsequenzen kommunizieren können. Diese Motive lassen sich auch auf Schule übertragen: Wenn es uns um Demokratische Kultur in Schule geht, muss es den Schüler:innen erlaubt sein, sich deutlich für eigene Anliegen und Interessen einzusetzen. Dafür einen Raum zu schaffen, der außerhalb der schulischen Gremien liegt, und auch die Möglichkeit bietet, sich öffentlich zu positionieren, ist das Ziel einer SpeakUp-Veranstaltung.
Die SpeakUp-Veranstaltung im Gymnasium Marienthal fand am 10. Mai 2023 statt. Die Schule feierte in diesem Schuljahr ihr 50-jähriges Bestehen mit monatlich stattfindenden Events, die das Ziel hatten, den Schüler:innen möglichst viel Öffentlichkeit zu ermöglichen. Das Besondere war dabei, dass die Schüler:innen der Klasse 9 den gesamten Abend auf der Bühne selbst moderieren sollten. Sie waren zusammen mit der Oberstufe die Hauptzielgruppe für die Ansprachen vorab. Unsere Hoffnung war es, den Schüler:innen zu ermöglichen, eigene inhaltliche Beiträge zu setzen und Identifikationsangebote über s.g. Role Models aus der schuleigenen bzw. Hamburger Umgebung zu präsentieren. Dabei sollte es bewusst um den Aspekt ‚Empowerment‘ gehen.
Da das SpeakUp-Konzept bisher noch nicht an anderen Schulen umgesetzt worden war, musste zu Beginn viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit geleistet werden. Folgende Aspekte und Aufgaben galt es zu klären und organisieren:
Die Veranstaltung brachte fast 200 Menschen zusammen, die gebannt zuhörten, wie Menschen ihre eigenen (Migrations-)Erfahrungen und Biografien öffentlich machten, welche Ratschläge sie für die Schüler:innen auch in Bezug auf die gerade erlebten Bildungswege hatten. Er war emotional, weil Opfer von Gewalttaten von ihrem Schmerz und von ihren Ohnmachtserfahrungen berichteten. Er war aufregend, weil in Gesangsbeiträgen neue Talente innerhalb und außerhalb der Schule sichtbar wurden. Er war informativ und hilfreich, weil Nachbarschaftseinrichtungen vorgestellt wurden, in denen Solidarität und Unterstützung spürbar ist – trotz und auch wegen all der Diskriminierungserfahrungen, die auch Schüler:innen kennen. Und er war in hohem Maße inspirierend, denn er brachte zwei Schüler:innen auf die Bühne, die mit ihren Beiträgen zu Herzen gingen:
Zusammengefasst war die Veranstaltung eine einzige Ermutigung, sich für ein friedliches Miteinander in unserer diversen Gemeinschaft einzusetzen. Die Reaktionen der Zuschauenden waren schon in der Pause beeindruckend – am Ende der Veranstaltung gab es wohl niemanden, der auf diesen Abend hätte verzichten wollen.
Der inhaltliche Bericht von Schüler:innen auf der Homepage der Schule nimmt all diese Aspekte noch einmal sehr anschaulich auf:
In der Evaluation der Veranstaltung wurde deutlich, wie viel Arbeit die Vorbereitung gekostet hat, aber wie gut auch nun schon gemachte Erfahrungen und eingeübte Strukturen bei einer Wiederholung entlasten können: Das Konzept war so überzeugend, dass geplant ist, im kommenden Schuljahr die Vorbereitung hauptsächlich von einer durch Kolleg:innen betreuten Schüler:innen-AG zu organisieren – schon jetzt haben sich über 20 Schüler:innen für ein Engagement bei der nächsten SpeakUp-Veranstaltung gemeldet.