Vielfalt im Gespräch mit Sarah-Lee Heinrich

Soziale Herkunft und Bildungserfolg

Welche Auswirkungen hat ein Leben in Armut für den Bildungsweg von Kindern und Jugendlichen? Über dieses Thema sprachen wir am 15. September 2021 mit Sarah-Lee Heinrich, die wir als Gästin in unserem Talk-Format “Vielfalt im Gespräch” begrüßen durften.

Sarah-Lee Heinrich ist Anfang 20, studiert Sozialwissenschaft in Köln und ist Aktivistin für soziale Gerechtigkeit. Außerdem ist sie Mitglied im Vorstand der Grünen Jugend mit den Themenschwerpunkten Soziales, Arbeit, Wirtschaft, Antirassismus und Feminismus. Sie selbst lebte während ihrer Schulzeit in Armut und teilte während des Gesprächs ihre Erfahrungen mit den Teilnehmenden. Dabei eröffnete sie, dass jedes 4. bis 5. Kind in Deutschland von Armut betroffen ist. Die Gründe dafür seien vielschichtig und hätten gleichzeitig enorme Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, die abrufbaren Bildungsmittel und damit auch auf die Chancen im Bildungssystem. Studien (u.a. von der OECD) haben mehrfach nachgewiesen, dass die Kopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg in Deutschland stärker ist als in anderen Ländern.  

Lösungsansätze für komplexe Problemlagen:

Doch wie lässt sich der Chancenungleichheit, die sich auf die soziale Herkunft zurückführen lässt, entgegenwirken? Welche Routinen und Praktiken in Schulen tragen zur Reproduktion von Benachteiligung armer Kinder und Jugendlicher bei? Und vor allem: Was müsste sich auf struktureller Ebene ändern, um einer Lösung des Problems näher zu kommen? Diesen und weiteren Fragen gingen wir im Austausch mit Sarah-Lee Heinrich und den Teilnehmenden der Veranstaltung auf den Grund. Bezugnehmend auf die Frage, wie sich die Situation von Kindern und Jugendlichen aus armen Familien verbessern ließe, nannte Sarah-Lee Heinrich folgende, für sie zentrale Aspekte:

  • Ein Vertrauensverhältnis zwischen Lehrkraft und Schüler:in sei essenziell, um Interessen entdecken und bei schambehafteten Situationen mit dem:der Schüler:in und der Familie ins Gespräch kommen zu können.

  • Der offene Ganztag müsse gestärkt und das dort tätige Personal von Lehrkräften ergänzt werden. Es sei wichtig, dass Kinder und Jugendliche aus armen Familien dort unterschiedliche Dinge ausprobieren, ihre Stärken entdecken sowie Selbstwirksamkeitserfahrungen machen könnten. Hier habe die Einzelschule viele Gestaltungsmöglichkeiten. 

  • Schulessen sollte an jeder Schule kostenfrei angeboten werden.  

Zum Schluss appellierte Sarah-Lee Heinrich an Lehrkräfte, sich politisch für bessere Rahmenbedingungen einzusetzen, um mehr Zeit zu haben, tatsächlich auf Kinder und Jugendliche eingehen und sich ihren individuellen Bedürfnissen widmen zu können.  

Empfehlungen: 

Literatur 
DGB-Expertise von Klaus Klemm - 20 Jahre nach der PISA-Studie „Alle Jahre wieder - Zur Konstanz sozialer Ungleichheit in und durch Deutschlands Schulen“ 
https://www.dgb.de/uber-uns/dgb-heute/bildung-und-bildungsarbeit/++co++3d891f16-0b01-11ec-bb4d-001a4a160123 

Bildungsbericht der Bundesregierung „Bildung in Deutschland 2020“ 
https://www.bildungsbericht.de/static_pdfs/bildungsbericht-2020.pdf 

El-Mafaalani, A. (2020). Mythos Bildung. Die ungerechte Gesellschaft, ihr Bildungssystem und seine Zukunft. Kiepenheuer & Witsch: Köln. 
Louis, E. (2015). Das Ende von Eddy. S. Fischer Verlag: Frankfurt a.M. 
Eribon, D. (2016). Rückkehr nach Reims. Shurkamp Verlag: Berlin.  

Beispiele zu den Möglichkeiten des Ganztags rund ums Ankommen: 
https://www.dkjs.de/aktuell/meldung/news/video-von-hausaufgaben-zu-schulaufgaben/ 

Stipendien 
Applic:Aid: Beratung für Stipendienbewerbungen 
https://www.applicaid.org/ 

Aelius Foerderwerk 
https://www.aelius-foerderwerk.com/ 

Ruhrtalente 
https://ruhrtalente.de/ 

Claussen Simon | Stiftung 
https://www.claussen-simon-stiftung.de/de/bildung-schule/byou/ 
https://www.claussen-simon-stiftung.de/de/wissenschaft-hochschule/bfirst/ 
https://www.claussen-simon-stiftung.de/de/bildung-schule/horizonte/

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