Am 31. Mai begrüßten wir Toan Quoc Nguyen in unserem Talk-Format „Vielfalt im Gespräch”. Gemeinsam gingen wir mit dem Referenten dabei der Frage nach, welche Stärken und Ressourcen für Wege des Empowerments im Bildungssystem behilflich sind und wie diese von pädagogischen Fachkräften ohne eigene Rassismuserfahrungen wahrgenommen und unterstützt werden können.
Schulentwicklung wendet sich zunehmend der heterogenen Realität unserer Migrationsgesellschaft zu. Dazu zählt unter anderem sich einzugestehen, dass das Bestehen und Wirken rassistischer Wissensbestände in der Schule – wie beispielsweise ein defizitorientierter Blick auf Schwarze Menschen und Menschen of Color – dazu führen, dass marginalisierte Schüler:innen den gesellschaftlich wichtigen Schauplatz Schule tendenziell eher als disempowernd erleben. Zu einer diversitätssensiblen Organisationsentwicklung in Schule gehört daher, die Breite an diversen Erfahrungs- und Wissensbeständen in die schulischen Lern-, Begegnungs- und Bildungskontexte aufzunehmen.
Im moderierten Gespräch gab Toan Quoc Nguyen einen praxisbezogenen Einblick in Handlungs- und Empowermentstrategien rassismuserfahrener Schüler:innen. Diese zielen darauf ab, sich den Erfahrungen, Belangen und Bedürfnissen von marginalisierten Schüler:innen angemessen zuzuwenden, sie zu unterstützen und stärken. Im Rahmen seines Impulses sprach er dabei folgende Empfehlungen aus:
Das Gespräch am 31. Mai wurde aufgezeichnet. Nachfolgend finden Sie den Impuls von Toan Quoc Nguyen:
„Meine Vision ist die Umsetzung von Mindeststandards einer pluralen, demokratischen Gesellschaft: Antidiskriminierungsschutz, Wertschätzung und Empowerment für alle! Dafür muss Powersharing und Empowerment auf allen Ebenen Hand in Hand gehen.“
Toan Quoc Nguyen ist Diplom-Pädagoge und arbeitet mit Pädagog:innen und Multiplikator:innen sowie an Schulen bzw. an Bildungseinrichtungen und für NGOs als politischer Bildungsreferent, systematischer Berater, Coach und Prozessbegleiter für Organisationsentwicklung im Kontext von Antidiskriminierung, Migration und Empowerment. Darüber hinaus ist er Doktorand zum Thema "Rassismuserfahrungen & Empowerment von Schüler:innen of Color" und engagiert sich in migrantisch-diasporischen Communities bzw. Communities of Color.
In dem Fachartikel führt der Autor die Ergebnisse einer qualitativen Studie über Handlungs- und Empowerment-Strategien rassismuserfahrener Schüler:innen of Color zusammen mit dem Konzept der Community Cultural Wealth der Critical Race Theory.
In dem Artikel resümiert Toan Nguyen, dass Jugendliche über vielfältige Ressourcen in Hinblick auf Aufstiegskapital, linguistisches Kapital, Familienkapital, Soziales Kapital, Navigationskapital sowie Widerstandskapital verfügen. Gleichzeitig stellt er fest, dass es in den von ihm ausgewerteten (schul-)biografischen Erzählungen der befragten Jugendlichen selten innerschulische Beispiele von strukturellem Empowerment gab – also Beispiele für die Anregung, Begleitung und Unterstützung von Empowermentprozessen für Schüler:innen of Color auf einer schulisch-strukturellen Ebene. Dazu zählen beispielsweise Lerninhalte, pädagogische Projekte oder Vorbilder of Color in der Lehrer:innenschaft.
Vor diesem Hintergrund geht der Autor der Frage nach: Wie kann Empowerment auf einer Schulentwicklungsebene aussehen? Oder anders formuliert: Wie kann pädagogisches und schulisches Handeln Empowermentprozesse von Schüler:innen of Color stärken? Er beleuchtet dabei folgende Aspekte:
Im Fazit betont er, dass die Basisarbeit für eine (Schul-)Kultur der Wertschätzung und des Empowerments gelingen kann, wenn sich Schulentwicklung den Themen Rassismus und Diskriminierung als Querschnittsthemen zuwendet. So könne Schule ein Ort werden, an denen Schüler:innen of Color nicht nur Widerstandsstrategien gegen Rassismus bzw. empowernde Handlungsstrategien zum Schutz zeigen, sondern diese Strategien erlernen können und in ihrer Identität und ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden.
Der Fachartikel kann hier kostenfrei gelesen werden.
Welche Wirkungen und Folgen können schulisch-institutionelle Rassismuserfahrungen auf Schüler:innen of Color haben? Und welche Ausblicke ergeben sich daraus in Hinblick auf politisch-institutionelle Maßnahmen und einer kritischen Pädagogik? Mit diesen zwei Fragen setzt sich der Autor in dem Beitrag auseinander.
Toan Quoc Nguyen analysiert schulisch-institutionelle Rassismuserfahrungen exemplarisch an einer diskriminierenden Situation aus dem Schulalltag, die ein Schüler durch seine Lehrerin erlebt hat. Dabei zeigt er konkrete pädagogische, politische und institutionelle Handlungsperspektiven auf.
Aus einer (kinder-)rechtlichen und differenzbewussten Perspektive auf die kindliche Verletzbarkeit weist er darauf hin, dass sich die machtvolle Differenzlinie zwischen Erwachsenen und Kindern bzw. zwischen Pädagog:innen und Schüler:innen vermengen kann mit rassifizierten Differenzlinien wie “ethnischer” Herkunft, Religion und sozialem (Aufenthalts-)Status. Dabei entsteht das Potenzial eines Beziehungs- und Interaktionsgeflechts, das sowohl das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung als auch das Menschenrecht auf Diskriminierungsschutz verletzt.
In dem Artikel weist er außerdem auf Studienergebnisse zu Mikroaggressionen hin, die aufzeigen, dass solche wiederholten Angriffe – seien es bewusste Mikroangriffe (conscious microassaults), unbewusste Mikrobeleidigungen (unconscious microinsults) oder unbewusste Mikroentwertungen (unconscious microinvalidations) – nicht nur negative Wirkungen auf das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen of Color in der Schule haben. Diese verursachen durch ihre Intensität und Kontinuität auch seelisch-körperliche Wunden. So haben sie Folgen für die psychische Gesundheit, fördern feindseliges und entwertendes Klima auf dem Schulgelände, halten Bedrohungen durch Stereotype aufrecht, verursachen körperliche und psychische Gesundheitsprobleme und verringern die (Schul-)Leistungs- und Problemlösungsfähigkeit.
Schließlich plädiert der Autor für die Einrichtung unabhängiger Beschwerdestellen mit effektiven Interventionsinstrumenten. Darüber hinaus brauche es Ansätze und Konzepte im Rahmen einer kritischen Pädagogik, die tiefgreifende Bewusstwerdungsprozesse aller schulischen Akteur:innen auf Diskriminierung und Rassismus initiieren und etablieren.
Der Beitrag kann hier kostenfrei gelesen werden.
In der Broschüre werden Empowerment-Ansätze vorgestellt und praktische Empfehlungen für die Entwicklung, Durchführung und Reflexion von Empowerment-Workshops gegeben.
Die vorgelegten Erkenntnisse und Empfehlungen basieren auf durchgeführten, dokumentierten und ausgewerteten Empowerment-Workshops gegen Rassismus in Kooperation mit dem Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin (ADNB) des TBB e. V. und der Unterstützung vom Migrationsrat BerlinBrandenburg e. V., der Bildungswerkstatt Migration und Gesellschaft e. V., ADEFRA e. V., ReachOut, Allmende e. V. und der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit.
Der Autor stellt zunächst das HAKRA-Empowerment-Konzept aus der People of Color-Perspektive und die Empowerment-Workshops für People of Color im Rahmen des EU-Projekts „ECAR - European cities against racism – responsibilities of cities in counteracting racism sustainably“ vor. Daraus leitet er Empfehlungen für die Konzeption und Durchführung von Empowerment-Trainings ab.
Im Resümee fordert der Autor –
Der Bericht kann hier kostenfrei gelesen werden.