#moinVIELFALT

Wenn Schulen wüssten, was IKOs wissen

Gelingensbedingungen und Ansätze zum schulinternen Wissensmanagement für eine diversitätsbewusste und diskriminierungskritische Schulentwicklung

Vorurteilsbewusstes und diskriminierungskritisches Wissen ist entscheidend für eine auf Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe, Gesundheit und Wohlbefinden sowie Lernerfolge und Selbstwirksamkeit ausgerichtete Unterrichts-, Organisations- und Personalentwicklung. Expertise liegt dabei häufig bei Einzelpersonen: Wie kann eine intrakollegiale Kommunikationskultur genutzt oder aufgebaut werden? Wie kann Wissen immer wieder lebendig und erfahrungsbezogen geteilt werden? Was bedarf es, um innerhalb bestehender Strukturen Wissen zu vernetzen?


Die finale Veranstaltung der Austauschreihe #moinVIELFALT adressierte Teilnehmende der Qualifizierung zur Interkulturellen Koordination (IKO) der Beratungsstelle Interkulturelle Erziehung am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Kooperation mit dem Bildungsträger Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung (KWB) in Hamburg. Gemeinsam wurden Gelingensbedingungen für die Verbesserung des Wissensflusses für IKO-Anliegen sowie Beziehungsebenen und Möglichkeiten der Wissenssicherung besprochen. Inhaltliche Impulse und Anregungen für das schulische Wissensmanagement lieferte Dr.‘in Johanna Gesang, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich 2 „Übergreifende bildungsbezogene Aufgabenfelder – Bildungsforschung, Evaluation, Schulqualität, Schulentwicklung, wissenschaftliche Kooperation“ in der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS) NRW. 

‘Eigentlich müsste ich vielmehr mit meinen Kolleg:innen ins Gespräch kommen. Und das passiert meistens, wenn diese mich direkt ansprechen. Wie schaffe ich es, mehr über mein Wissen zu sprechen?’

Mit dieser Frage startete eine IKO-Teilnehmerin in die Veranstaltung. Im Rahmen ihres Impulsvortrages verdeutlichte Dr.‘in Johanna Gesang, dass eine entsprechende schulinterne Weitergabe und Verankerung von Wissen, insbesondere zu den Themen Diversität und Antidiskriminierung, vielfältig, herausfordernd und anspruchsvoll ist. So müssen Letztere zunächst erkannt und reflektiert, anschließend als relevante und zu bearbeitende Themen platziert sowie eine entsprechende Sensibilisierung der Kolleg:innen vorgenommen werden. Schließlich ist eine Übersetzung des vermittelten Diversitätsbewusstseins in konkrete Maßnahmen und Handlungen erforderlich. Die Arbeit von IKOs ist deshalb als Querschnittsaufgabe auf der Organisations-, Personal- und Unterrichtsebene der Schulentwicklung anzuerkennen. 

Die Referentin bemerkte außerdem, dass dazu personengebundenes Wissen auf Seiten der IKOs in organisationales Wissen überführt werden muss. Das hohe Maß an organisationalem und personellem Wechsel in der Organisation Schule macht es besonders erforderlich, Wissen zu den Themen Antidiskriminierung und Diversität nicht bei Einzelpersonen zu verorten, sondern stets verfügbar zu machen und neu zu kontextualisieren. 

Dieser Übersetzungsprozess kann im Rahmen strategischen Wissensmanagements gelingen. Ein entsprechender systematischer Umgang mit Wissen kann mittels verschiedenster Ansätze (z.B. Wissenslandkarte, Knowledge-Café oder Retrospektive) erfolgen und baut auf folgende zentrale Aspekte: 

  1. Kooperation ist stets der erste Schritt zum Managen von Wissen, für das gemeinsame Lernen und gegenseitige Öffnung. 
  2. In einer Kultur des Teilens wird die ganze Schule miteinbezogen. Sie stellt den langwierigsten und umfangreichsten Prozess des Wissensmanagements dar und setzt die Unterstützung der Leitungsebene voraus. 

  3. Es ist eine Knowledge Base, also ein digitaler oder analoger Ort der Sammlung und Sicherung von Wissen, erforderlich. 
  4. Das Kollegium muss offen für Kreativität und Innovation sein. Dies erfordert außerdem entsprechende personelle und materielle Ressourcen. 

Die Referentin betonte weiterhin, dass sich auch Netzwerke als Wissensmanagement-Tool eignen. Diese bieten beispielsweise die Möglichkeit, regelmäßige Supervisionen zu etablieren, das eigene Handeln sowie Herausforderungen routiniert und gemeinsam zu reflektieren sowie Probleme arbeitsteilig zu bearbeiten. Schulnetzwerke eignen sich zudem besonders für das schulinterne Wissensmanagement, da sie Wissen an die Organisation und Netzwerk binden. 

Schließlich gab Johanna Gesang den Teilnehmenden folgende konkrete Hinweise zum Wissensmanagement in Schulen an die Hand, die sich auch als Checkliste für Einsteiger:innen lesen: 

→ Dokumentation ist alles – aber ohne Dokumentation ist alles nichts: Wissen muss konserviert und nachvollziehbar gemacht werden. 

→ Damit Wissen in Schule ankommt, wohin es soll, ist die Identifizierung von Machtpromotoren sinnvoll: Wen oder was brauche ich an Bord, „damit es läuft“? 

→ Je nachdem, um welches Wissen es sich handelt, kann es schwer sein, dies zu externalisieren. Daher kann es zielführend sein, Anlässe oder Situationen zu schaffen, die das Wissen gezielt kontextualisieren und erfahrbar machen: Welches Wissen brauche ich, um mit bestimmten Situationen gut umgehen zu können? 

→ Das Schaffen einer Kultur des Teilens und einer Offenheit im Kollegium ist die Grundlage für jedes Wissensmanagement. 

Der Impulsvortrag durch Dr.‘in Johanna Gesang wurde aufgezeichnet und steht Ihnen nachfolgend zur Verfügung.  


Über die Referentin:

Dr. Johanna Gesang ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich 2 „Übergreifende bildungsbezogene Aufgabenfelder – Bildungsforschung, Evaluation, Schulqualität, Schulentwicklung, wissenschaftliche Kooperation“ in der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS) NRW. Dort leitet sie das Projekt „Transfer Wissenschaft ⇄ Praxis – Clearingstelle evidenzbasierte Pädagogik“. In ihren Publikationen beschäftigt sich Gesang unter anderem mit den Themen „Wissenstransfer und Implementation“, „Kommunales Netzwerkmanagement“ oder „Potenziale und Grenzen datengestützter Schulentwicklung“. Ein Publikationsverzeichnis finden Sie hier: Gesang, Johanna (uni-muenster.de) 

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