Schleswig-Holstein

Grund- und Gemeinschaftsschule Boostedt: Partizipative Schulentwicklung in der Praxis

Wie schafft es eine Schule an mehreren Standorten Raum für Teilhabe und eine optimale Förderung der vielfältigen Schülerschaft zu ermöglichen? Dieser Frage widmet sich die Grund- und Gemeinschaftsschule Boostedt.

Wie schafft es eine Schule an mehreren Standorten Raum für Teilhabe und eine optimale Förderung der vielfältigen Schüler:innenschaft zu ermöglichen? Dieser Frage widmet sich die Grund- und Gemeinschaftsschule Boostedt seit 1,5 Jahren im Projekt Vielfalt entfalten – Gemeinsam für starke Schulen. Das multiprofessionelle Schulteam, bestehend aus Schulsozialarbeiter:innen, Lehrkräften und Schulleitung, nimmt dabei unterrichtliche als auch außerunterrichtliche Maßnahmen in den Blick, bei denen Beteiligung, Teilhabe und Vernetzung eine zentrale Rolle spielen. 
 

Individuelles Lernen ermöglichen 

„Die Diversität der Schüler:innen muss immer berücksichtigt werden und so auch entsprechende Veränderungen in pädagogischen Konzepten nach sich ziehen“, betont Schulleiterin Dagmar Drummen. Um dies voranzutreiben, führte das Schulteam pädagogische Konferenzen ein. Die erste pädagogische Maßnahme, um der Heterogenität der Schüler:innenschaft gerecht zu werden und individuelles Lernen zu ermöglichen, war die Entwicklung von Selbsteinschätzungsbögen für den 5. Jahrgang. Die Bögen fragen das Lern-, Arbeits-, und Sozialverhalten von Schüler:innen ab und werden unabhängig voneinander von ihnen selbst, ihren Sorgeberechtigten und Lehrkräften ausgefüllt. In einem verbindlichen Beratungsgespräch besprechen die Lehrkräfte mit den Eltern die Ergebnisse. Dies ist eine gute Chance leichter ins Gespräch zu kommen und die Schüler:innen selbst erhalten die Chance ihr Verhalten zu reflektieren und sich einzubringen. Bisher gibt es von allen beteiligten Personen durchweg positives Feedback zu den Selbsteinschätzungen und Beratungsgesprächen. Für die Lehrkräfte entsteht zudem ein echter Mehrwert: „Aufgrund der ausgewerteten Bögen ist es sehr leicht individuelle Lehr- und Lernpläne für Schüler:innen zu erstellen, die meine Arbeit vereinfachen“, betont Lukas Käding als durchführende Lehrkraft im 5. Jahrgang.  

 

Langer Atem für den Prozess 

„Um die Selbsteinschätzungsbögen in der Schule einzuführen, bedarf es einer guten Vorbereitung sowie einem langen Atem“, sagt Dagmar Drummen. Auf den pädagogischen Konferenzen sind diese regelmäßig ein festes Thema. Vorgegebene Strukturen, wie feste Zeiträume für die Durchführungen und gesetzte Termine zur Nachbesprechung sind notwendig und erleichtern so dem Kollegium die Arbeit. Als Schulteam hartnäckig zu bleiben, sei eine Kernkompetenz in dem Einführungsprozess, macht Dagmar Drummen deutlich. Dabei hebt sie die Rolle von Vielfalt entfalten hervor, „indem ihr regelmäßig Termine und Leitfragen zur Erinnerung geschickt habt, wurden wir als Schulteam zur Weiterarbeit motiviert.“ Bedeutend für das Gelingen ist es vor allem, den großen Nutzen für die Lehrkräfte sichtbar zu machen. 

 

Schule als offener Raum 

Neben den unterrichtlichen Maßnahmen legt das Schulteam auch bei der Gestaltung der neuen Lernräume den Fokus auf Partizipation und Beteiligung. „Schüler:innen müssen sich in ihrer Schule wiedererkennen und teilhaben können“, betont Dagmar Drummen bei der Gestaltung des Neubaus an der Schule als weiteren Eckpfeiler ihrer Arbeit. Deshalb möchte das Schulteam einen Raum für Begegnung und Beziehungsarbeit zwischen Lehrkräften und Schüler:innen schaffen. „Ziel ist es, einen Campus entstehen zu lassen, zu dem man gerne hingeht und den man als Schüler:in auch nach dem Unterricht nutzen kann“, beschreibt Lukas Käding die Vision des neuen Lernorts. Bei der Raumgestaltung bindet das Schulteam alle an Schule beteiligten Personen ein und übergibt auch Verantwortung an Schüler:innen. Das trägt zur Selbstwirksamkeit bei und fördert gleichzeitig den Wohlfühlfaktor an der Schule. 

 

Verknüpfung mit den Außenstellen 

Neben den Vorhaben in der Regelschule beschäftigt das Team die Außenstellen in Boostedt und Bad Segeberg. Dort werden die Kinder und Jugendlichen der Landesunterkünfte im Auftrag der Grund- und Gemeinschaftsschule Boostedt beschult.  

Das Schaffen von Strukturen und der soziale Halt stehen dort im Vordergrund der Arbeit. „Die Voraussetzungen der Schüler:innen sind so unterschiedlich, dass wir gezwungen sind, unser unterrichtliches Handeln auf diese Diversität anzupassen“, hebt Sascha Klopp als Koordinator in der Außenstelle hervor. Dadurch passt sich die Schule der Schüler:innenschaft an und nicht andersherum. Durch ein ständiges Evaluieren der Praxis, ist ein differenzierter und individualisierter Unterricht in zwei Blöcken entstanden. Gemeinsame Rituale zu Beginn und am Ende des Unterrichts bilden den Ankerpunkt im Konzept. 

 

Vernetzung im Sozialraum 

Die Koordination der Außenstellen bedarf einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Gemeinde Boostedt, dem Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge (LaZuF) und den Landesunterkünften. Dies gelingt dem Schulteam durch eine verlässliche und gute Vernetzung mit den außerschulischen Partner:innen im Sozialraum. Dem gesamten Kollegium ist es wichtig, dass die Schüler:innen der Außenstellen am Ganztagsangebot der Grund- und Gemeinschaftsschule Boostedt teilhaben können. Tägliche Fahrten von einem zum anderen Standort ermöglichen die Nutzung des vielfältigen Angebots, z.B. von Kooperationen mit der offenen Jugendarbeit, der Stadtbücherei, dem Tennis- und Sportverein sowie musikalischen Angeboten. So gelingt eine Vernetzung der Schüler:innenschaft untereinander und eine Verknüpfung der Außenstellen und der Regelschule. „Am schönsten ist die große Dankbarkeit der Schüler:innen, teilhaben zu können“, bekräftigt das Schulteam und benennt so ihre größte Motivation zur Weiterarbeit.  

 

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