Die Rolle von Schulleitungen in diversitäts-orientierten Schulentwicklungsprozessen

Im Gespräch mit Markus Schega, Schulleiter der Nürtingen-Grundschule in Berlin

Das Bewusstsein für Diversität und Diskriminierung im Schulalltag zu schärfen und den Unterricht vorurteilsbewusster und chancengerechter zu gestalten, ist Ziel des Projekts „Vielfalt entfalten – Gemeinsam für starke Schulen“. Doch wie kann das erfolgreich gelingen? Welche Entwicklungsschritte und Maßnahmen braucht es? Welche Herausforderungen gilt es zu meistern? Und welche Rolle und Verantwortung kommen dabei Schulleitungen zuteil? Über dieses Thema sprachen wir mit Markus Schega, Schulleiter der Nürtingen-Grundschule in Berlin-Kreuzberg.


Seit 2009 ist Markus Schega Schulleiter der Montessori-orientierten, offenen Ganztagsschule am Berliner Mariannenplatz. Die Schüler:innen lernen dort in jahrgangsübergreifenden Klassen und sind partizipativ mit den Erziehungsberechtigten und Schulpädagog:innen am Gestaltungsprozess ihrer Lernumgebung beteiligt. Selbstreflexion und eine gelebte Fehlerkultur spielen eine zentrale Rolle. Gleiches gilt für einen respektvollen, vorurteilsbewussten Umgang, für den sich der Schulleiter starkmacht. Gemeinsam mit dem Kollegium hat er daher auch ein Leitbild für die Schule entwickelt, durch das Diversität gefördert, Barrieren und Diskriminierungen abgebaut und Chancengerechtigkeit im Schulalltag verankert werden soll. 

Im nachfolgenden Interview spricht Markus Schega über die Herausforderungen einer diversitätsorientierten und diskriminierungskritischen Schulentwicklung, die bereits erfolgten Entwicklungsschritte der Schule, aber auch die Hürden und Widerstände im Kollegium. 

 

„Schüler:innen of Color brauchen unsere Solidarität“ 

Schüler:innen vor Gewalt, Übergriffen und Diskriminierungen zu schützen, ist eine tragende Säule des entwickelten Leitbilds der Schule. Dazu zähle auch, Schüler:innen of Color Solidarität auszusprechen und sich für sie einzusetzen. Denn, wie Markus Schega betont: „Es tut ihnen [den Schüler:innen of Color] gut, dass sie wissen, bei einem Rassismusvorfall stehe ich an ihrer Seite.“ Zudem sei es wichtig, Lehrkräfte einzubinden, sie für das Thema zu sensibilisieren und gleichzeitig Verhaltens- und Handlungssicherheit zu entwickeln. Dabei helfe auch der Austausch und die Arbeit in Netzwerken, so Schega. Gemeinsam mit anderen Schulen aus dem Umfeld, einem Bildungsnetzwerk am Berliner Mariannenplatz und der Schulberaterin Olenka Bordo Benavides erarbeite man aktuell gemeinsam Verfahren, wie mit Diskriminierungen umzugehen sei.

Die Remise 

Das Interview mit Markus Schega fand in der 2019 fertiggestellten „Remise“ statt – ein Ausstellungs-, Lern- und Archivraum auf dem Schulgelände der Nürtingen-Grundschule. Entstanden ist der Begegnungsraum im Rahmen eines von Markus Schega initiierten Projektes, dessen Ziel es war, die Schulchronik sowie die vorhandenen Konferenzprotokolle aus den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1980er Jahre rassismuskritisch aufzuarbeiten. Denn die Archivmaterialien offenbaren, wie die Schule mit der Migrationsgeschichte der Großeltern heutiger Schülerinnen und Schüler umging. Sie zeugen von rassistischen Haltungen, Vorfällen und zugehörigen Stimmen der Lehrer:innen- und Schüler:innenschaft dieser Zeit. Für Markus Schega ist die kritische Auseinandersetzung mit diesen Geschehnissen enorm wichtig, denn sie beeinflussen die Gegenwart und Zukunft. Seit 2019 werden in der Remise daher verschiedene Ausstellungen und Kulturprojekte von Schüler:innen umgesetzt, die sich mit den Schulprotokollen auseinandersetzen.

Mehr Informationen zur Remise finden Sie hier.  

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