Till-Eulenspiegel-Schule Mölln

„Wir wollen zusammenwachsen und eine starke Schule sein“

Strukturen optimieren, Räume schaffen und Partizipation ermöglichen – diesen Themen widmet sich die Till-Eulenspiegel-Schule Mölln in Schleswig-Holstein. Seit 2020 nimmt die Grundschule mit 350 Schüler:innen am Projekt „Vielfalt entfalten“ teil, um den Benachteiligungen von Kindern im Schulleben entgegenzuwirken. Ihr Ziel: eine gesunde Schule sein, die der vielfältigen Schüler:innenschaft gerecht wird und in der sich alle wohlfühlen und Freude am Lernen haben.


Stark, gesund und miteinander vereint: all das möchte die Till-Eulenspiegel-Schule sein. Um noch stärker zusammenwachsen zu können und den Weg zu einem diversitätssensiblen Schulleben bestreiten zu können, braucht es laut Schulleiterin Dany Rühe Beteiligung. Und die gilt es zu ermöglichen – für das multiprofessionelle Team, für die Schüler:innenschaft aber auch für die Erziehungsberechtigen. Ein erklärtes Ziel im Rahmen von „Vielfalt entfalten“ ist es daher, die Strukturen in der Schule zu optimieren und gegebenenfalls neue zu schaffen, um so die (Partizipations-)Angebote noch besser miteinander zu verzahnen. Auch neue Räume möchte die Schule schaffen – für Vielfalt, für Begegnungen und Austausch, für Demokratiebildung aber auch für Teambuilding. Ebenso möchte die Schule durch das Projekt das Wir-Gefühl sowie die gegenseitige Wertschätzung stärken und die Elternarbeit weiter verbessern.

Bildungs- und Chancengerechtigkeit fördern durch Partizipation

„Schule ist nur denkbar mit all der Vielfalt in der Gemeinschaft, wenn alle Personen auch partizipativ beteiligt sind“, so Dany Rühe. Teilhabe und Partizipation haben daher einen enormen Stellenwert an der Grundschule. Dadurch würde nicht nur das Miteinander gestärkt, auch die Motivation, sich an Schulentwicklungsprozessen zu beteiligen, sei höher. Das führe laut Schulleiterin auch zu einer positiveren Haltung zum System Schule. „Hauptziel ist es, dass sich jede:r wohlfühlt an unserer Schule“.  

„Unsere Kinder kriegen eine Stimme“ 

Miteinander-Mittwoch, Schülerparlament, Hausaufgabenbetreuung, Sozialtrainings oder auch die Zusammenarbeit mit dem Kinderschutzbund: Die Till-Eulenspiegel-Schule hat ein breites Partizipationsangebot etabliert. Nicht nur die Lernenden erhalten vielfältige Möglichkeiten, sich in das Schulleben einzubringen, ihre Interessen zu verfolgen und dadurch ihre Potenziale zu entfalten. Auch die Erziehungsberechtigen werden mit ins Boot geholt. „Wenn wir alle miteinander wissen, was wir vorhaben und die Ziele bekannt sind, dann arbeitet es sich einfacher“, erklärt Dany Rühe. Gemeinsam mit den Erziehungsberechtigen wurden beispielsweise Leitfäden und Handbücher entwickelt, um die Willkommenskultur noch einmal mehr zu stärken. Außerdem entwickelt und erprobt die Schule aktuell eine „Ideenwerkstatt“. Ziel dieses Formats ist es, dass gemeinsam Themen identifiziert werden, die in der Schule partizipativ angestoßen werden sollen. Das gilt auch für den Miteinander-Mittwoch, den die Schule im Rahmen von „Vielfalt entfalten“ etabliert hat. Immer am ersten Mittwoch des Monats finden sich Schüler:innen, Teile des Kollegiums und auch einige Erziehungsberechtigte zusammen und gehen gemeinsamen Aktivitäten nach – in der Vergangenheit wurde beispielsweise zusammen gebastelt, gebacken, getanzt oder auch Tischkicker gespielt.   

„Wir wollen uns Zeit nehmen für die Kinder.“

Partizipation braucht Räume. Aus diesem Grund beschäftigt sich die Schule während des Projekts auch mit Raumkonzepten. Die Leitfrage war dabei: Wie können wir mit dem, was wir an der Schule haben, der Vielfalt einen Raum geben? Als Resultat schuf die Schule das „Eulennest“. Dabei handelt es sich um drei Räume, bestehend aus einem Spieleraum, einem Differenzierungsraum und einem Multifunktionsraum. All diese Räume stellen Entlastungs- und Rückzugsorte dar, in denen die Kinder zur Ruhe kommen können. „Es gibt Kinder, denen es in den Klassenräumen nicht gut geht“, so Dany Rühe. 

Genau für jene Kinder seien diese Räume gedacht. Dort können sie in einer anderen Atmosphäre lernen oder mit Leuten sprechen, die Zeit für Sie haben. Auch wöchentliche Sprechstunden hat die Schule eingeführt.  

Multiprofessionalität im Schulentwicklungsprozess 

Das 45-köpfige Schulteam setzt sich aus verschiedensten Professionen zusammen. Neben den Fachlehrer:innen gehören auch mehrere Pädagog:innen, Erzieher:innen, Schulsozial-arbeiter:innen und schulische Assistent:innen dem Schulteam an. Eine transparente Kommunikation und verbindliche Absprachen seien dabei unerlässlich, wie die Schulleiterin betont. „Wir arbeiten mittlerweile wirklich miteinander“, so Dany Rühe dazu. Die Teamarbeit hätte seit Projektteilnahme enorm zugenommen. Statt sich nur allein für Themen und Aufgaben verantwortlich zu fühlen, geht das Schulteam diese nun gemeinsam an. Und doch sagt Dany Rühe: „Bei allen Veränderungen gibt es  auch Widerstände.“ Dass kollegiale Zusammenarbeit als echte Chance verstanden und verinnerlicht wird, die nicht auf Anordnung geschieht oder als zusätzliche Belastung gesehen wird, sei laut Schulleiterin ein Prozess – und auch dabei sei man noch nicht am Ende angekommen.    

Gelingende Sensibilisierung – eine Frage der Haltung  

Auch die Sensibilisierung des Kollegiums für Diversität und Diskriminierung hat die Schule in ihrem Entwicklungsvorhaben definiert. Einen Schwerpunkt stellt dabei der Umgang mit Lehr- und Lernmaterialien dar. Sind die verwendeten Materialien noch zeitgemäß? Entsprechen Sie den Anforderungen an Vielfalt und Diversität? Kommt es zu Stigmatisierungen? Diesen und weiteren Fragen widmete sich das Schulteam, während es die Materialien auf den Prüfstand stellt. „Darauf sind wir erst durch ‘Vielfalt entfalten’ gekommen. Mir war gar nicht bewusst, was da in den Lehrbüchern so abgebildet ist“, bekennt die Schulleiterin. Ganze Lehrwerke wurden abgeschafft und neue, diversitätssensible Materialien für alle Lehrgänge angeschafft.  

Auch das multiprofessionelle Team setzt sich im Rahmen von „Vielfalt entfalten“ intensiv mit eigenen Haltungen auseinander. Die Kolleg:innen werden darin unterstützt, ihre Handlungen und Denkweisen in Frage zu stellen und ihr Bewusstsein für Diversität und Diskriminierung zu schärfen. Zwar nimmt die Schulleiterin bei all diesen Themen eine hohe Offenheit und auch bereits sichtbare Veränderungen wahr, gleichzeitig seien aber noch einige Unsicherheiten zu spüren. Vor allem, wenn es um die persönliche Haltung zu bestimmten Themen geht.  

Zwischen Meilensteinen und Handlungsbedarf

Was hat „Vielfalt entfalten“ an der Till-Eulenspiegel-Schule verändert und angestoßen? Vor allem hat das Projekt der Schule Zeit und einen sensibilisierten Blick auf das Schulleben beschert, so die Schulleiterin. Themen, Verantwortlichkeiten und die schulische Qualität kamen auf den Prüfstand, für die es zuvor wenig Zeit gab und zu denen sich die Kolleg:innen des Arbeitskreises mit der Schulgemeinschaft nun intensiv austauschen. Das gilt auch für Vernetzungsmöglichkeiten mit anderen Schulen, die durch „Vielfalt entfalten“ geschaffen wurden. Für die Schulleiterin sind die verschiedenen Veranstaltungen und Angebote eine wahre Bereicherung.  Nicht zuletzt, da die vielen Impulse auch dazu führen, dass dort neue Ideen entstehen, die anschließend im Schulalltag erprobt oder weiterentwickelt werden. Darüber hinaus hat sich das ganze Schulteam durch „Vielfalt entfalten“ noch mal stärker mit den verschiedenen Ausbildungen und Professionen auseinandergesetzt und die Wertigkeiten erkannt.  

Doch damit ist die Schulentwicklungsarbeit noch längst nicht am Ende angekommen. Bei vielen Themen steht die Schule noch ganz am Anfang – und wünscht sich auch mehr Unterstützung seitens der Bildungspolitik und -verwaltung. Für mehr Personal und unterschiedlichere Professionen macht sich die Schulleiterin im Gespräch stark. „Das macht das Leben an Schule einfach noch vielfältiger.“ Auch plädiert sie dafür, Diversität in der Lehrer:innenbildung noch stärker zu berücksichtigen. Das betreffe nicht nur die direkte Ausbildung. Auch brauche es verpflichtende Fortbildungen für bereits (langjährig) wirkende Lehrkräfte im Land Schleswig-Holstein. Und: Es brauche auch einen Mindestanforderungskatalog für Raumkonzepte. Schulen können und sollten laut Schulleiterin nicht mehr nur in Klassenräumen denken, sondern in offenen Lernebenen. Gleichzeitig müsse dabei auch das eigenverantwortliche Lernen stärker gefördert werden. „In der Schule der Zukunft sollten Räume Schüler:innen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen und Erfahrungen auffangen“, so Dany Rühe abschließend.  

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